Clickbait auf YouTube: Reißerische Titel und Thumbnails
„Das wirst du nicht glauben!“ – „Schau bis zum Ende!“ – „Dieser Trick verändert ALLES!“
Solche Titel und Thumbnails kennst du bestimmt von YouTube oder anderen sozialen Plattformen. Sie versprechen Sensation, Drama oder exklusive Geheimnisse. Oft aber ist der Inhalt enttäuschend und es wird, wenn überhaupt, nur sehr kurz auf das im Titel versprochene eingegangen. Reißerischer Titel oder Thumbnails (Vorschaubilder), die mehr versprechen als das Video halten kann, nennt man im allgemeinen Clickbait. Dahinter steckt die Strategie, mit übertriebenen oder irreführenden Vorschaubildern Klicks und Watch-Time1 zu generieren.
Inhaltsverzeichnis
Warum ist Clickbait auf YouTube ein Problem?
Besonders Jugendliche werden durch Clickbait-Videos gezielt angesprochen. Sie verbringen viel Zeit mit reißerischen Inhalten, die oft wenig Mehrwert bieten oder sogar Fehlinformationen verbreiten. Wenn du als Lehrkraft das Thema im Unterricht aufgreifst, kannst du deinen Schülerinnen und Schüler aktiv helfen, Clickbait zu erkennen und bewusster mit Videoinhalten umzugehen.
YouTube sagt Clickbait den Kampf an
Der Videoplattform ist Clickabit schon lange ein Dorn im Auge und sie geht daher auch vermehrt gegen irreführende Titel, Thumbnails oder Videos vor. YouTube schreibt selbst dazu auf dem Unternehmensblog:
Wir verstärken unsere Bemühungen, gegen eklatante Clickbait-Kampagnen auf YouTube vorzugehen. Das bedeutet, dass wir unsere Maßnahmen gegen Videos verschärfen wollen, deren Titel oder Vorschaubild den Zuschauern etwas verspricht, was das Video nicht hält. Dies ist besonders wichtig bei Videos mit aktuellen Themen wie Eilmeldungen oder aktuellen Ereignissen, um sicherzustellen, dass die Zuschauer nicht über das, was sie auf YouTube sehen, in die Irre geführt werden. Wir werden dies in den kommenden Monaten schrittweise in Indien einführen.
Google Indien Blog (aus dem englischen übersetzt)
ℹ️ Bisher sind keine Strafmaßnahmen geplant, aber mit einer Inhaltskontrolle, vermutlich mit Hilfe von KI-Techniken, sollen entsprechende Videos entfernt werden bzw. schon beim Upload erkannt werden.
Warum wird Clickbait eingesetzt und wie funktioniert das?
Reißerische Titel oder ähnliche Tricks haben ein klares Ziel: Die Neugier der Zuschauer wecken, damit diese auf das Video klicken und möglichst lange dranbleiben. Damit werden sowohl die Aufrufzahlen gesteigert, als auch die Wiedergabezeit. Die Videoersteller nutzen dafür übertriebene Titel und auffällige Thumbnails, die oft mehr versprechen, als das Video am Ende hält.
Besonders erfolgreich ist die Technik, weil es gezielt mit psychologischen Triggern arbeitet:
- Neugierde – „Das hast du noch nie gesehen!“
- Angst, etwas zu verpassen (“FOMO”2) – „Alle reden darüber – du auch?“
- Emotionen wecken – „Diese Geschichte wird dich zu Tränen rühren!“
Plattformen wie YouTube belohnen solche Inhalte, weil sie hohe Klickzahlen und lange Watch-Time generieren. Es ist daher erstmal wichtig zu verstehen, dass diese Techniken tatsächlich funktionieren und auch nicht neu sind. Den meisten dürfte das auch aus der BILD-Zeitung oder anderen Zeitungen in der analogen Welt bekannt sein. Hinter Clickbait stecken daher in der Regel kommerzielle Interessen:
- Monetarisierung: Mehr Klicks und Reichweite bedeutet mehr Werbeeinnahmen. YouTuber und selten auch Unternehmen setzen Clickbait ein, um ihre Einnahmen zu steigern.
- Reichweitenaufbau: Kanäle nutzen reißerische Titel, um schneller neue Abonnenten und Zuschauer zu gewinnen.
- Manche Medien oder Influencer nutzen Clickbait auch, um Meinungen zu beeinflussen oder bestimmte Narrative zu pushen.
Das Problem daraus: Viele Nutzer konsumieren oberflächliche oder irreführende Inhalte, anstatt sich mit echten Informationen auseinanderzusetzen. Oft kombinieren Videoersteller nämlich Clickbait mit verkürzten (“Sensations-“)Themen.
Für Schüler und Jugendliche ist das besonders relevant. Sie sind täglich mit Clickbait-Videos konfrontiert, vor allem in den sozialen Plattformen wie YouTube. Das können Gaming-Clips, Influencer-Vlogs oder Nachrichten-Formate sein. Deshalb ist es wichtig, dass sie lernen, reißerische Inhalte zu hinterfragen und bewusstere Entscheidungen zu treffen.
Wie Clickbait (nicht nur) Jugendliche beeinflusst
Clickbait ist nicht nur nervig, sondern kann auch das Medienverhalten und die Wahrnehmung von Inhalten beeinflussen. Besonders anfällig sind dabei Jugendliche, da sie noch dabei sind, eine kritische Haltung gegenüber Medien zu entwickeln. Folgende Auswirkungen können Clickbait-Videos haben:
Verzerrte Wahrnehmung von Qualität
Wenn Videos mit übertriebenen Thumbnails und Titeln die meiste Aufmerksamkeit bekommen, kann der Eindruck entstehen, dass spektakuläre oder emotionale Inhalte wertvoller sind als fundierte Informationen. Denn gerade redaktionelle und hochwertige Inhalte setzen in der Regel auf sachliche Überschriften und nutzen nur wenig Clickbait.
Zeitverschwendung durch oberflächliche Inhalte
Clickbait-Videos halten Nutzer oft mit künstlicher Spannung fest („Bleib bis zum Ende!“), ohne wirklich relevante Informationen zu liefern. Schüler verbringen dadurch viel Zeit mit “einfachen” Videos, statt sich mit sinnvollen Inhalten zu beschäftigen.
Geringere Fähigkeit zur Quellenbewertung
Wer sich an Clickbait gewöhnt, hinterfragt seltener, ob ein Video wirklich glaubwürdig ist. Besonders bei Nachrichten oder wissenschaftlichen Themen kann das problematisch sein.
Deshalb ist es wichtig, dass Jugendliche lernen, Clickbait zu erkennen und kritisch damit umzugehen. Genau hier setzt Medienkompetenz an: Wenn Schüler verstehen, wie Algorithmen funktionieren und welche Tricks für mehr Klicks genutzt werden, können sie bewusster entscheiden, welchen Inhalten sie ihre Aufmerksamkeit schenken.
Clickbait erkennen: So kannst du das Thema im Unterricht vermitteln
Damit Schülerinnen und Schüler Clickbait besser erkennen und bewusster mit Videoinhalten umgehen, kannst du das Thema mit praxisnahen und Methoden vermitteln. Die folgende Grafik zeigt dir typische Tricks und Methoden in einem YouTube Videotitel und einem Thumbnail. Nutze diese Informationen, um die folgenden Aufgaben mit deinen Schülerinnen und Schülern zu bearbeiten.
Starte eine “Clickbait-Challenge”
Zeige den Schülerinnen und Schüler eine Reihe von YouTube-Thumbnails und Titeln. Die Aufgabe: Schätzen, worum es im Video wirklich geht. Danach wird das Video kurz angeschaut und bewertet. War der Inhalt wirklich so spektakulär, wie es versprochen wurde?
Als Steigerung dazu kannst du es den Jugendlichen auch selbst überlassen, welche Videos sie auswählen wollen und dann später in der Gruppe besprechen, warum sie ein Thumbnail ansprechend fanden. Damit lässt sich oft schon ableiten, welche Clickbait-Techniken wirksam waren.
Analyse von Titel und Thumbnail
Lass Schüler in Gruppen unterschiedliche Clickbait-Techniken in Videos identifizieren. Gibt es übertriebene Formulierungen? Emojis? Falsche Versprechen? Im Anschluss kannst du die Aufgabe stellen, aus neutralen Videothemen einen Clickbait-Titel und ein auffälliges Thumbnail zu entwerfen.
Gute YouTube-Titel ohne Clickbait: Inhalte spannend präsentieren
Clickbait setzt oft auf Übertreibung oder Irreführung. Dennoch sind gut gewählte Titel und spannende Thumbnails wichtig, um in der Masse nicht unterzugehen. Es stellt sich also die Frage: Wie kann man Videos spannend präsentieren, ohne falsche Erwartungen zu wecken?
Ich möchte dir folgend ein paar Ansätze geben:
- Neugier wecken, aber ehrlich bleiben: Ein guter Titel stellt eine spannende Frage oder macht eine überraschende Aussage. Schreibe nicht:
“DAS GEHEIMNIS, DAS DIR NIEMAND SAGEN WIRD!!!” sondern formuliere sachlicher „Das Geheimnis hinter einem guten YouTube-Titel “ - Storytelling nutzen: Echte Geschichten machen neugierig; nicht nur im Video, sondern bereits im Titel. Ein guter Titel könnte also z. B. lauten „Diese alte Kamera lag 50 Jahre auf dem Dachboden – was wir auf dem Film fanden, überraschte uns“ – spannend, aber nicht irreführend, sofern die Bilder tatsächlich etwas spannendes zeigen.
- Klar und informativ sein: Besonders bei wissenschaftlichen Inhalten sollten Titel deutlich machen, worum es geht. Schreibe nicht: “DU WIRST NIE WIEDER DENSELBEN FEHLER MACHEN!!!“, sondern besser „5 Tricks, um besser in Mathe zu werden“.
Gestalte zudem deine Thumbnails bewusst: Bilder sollten wie auch der Titel neugierig machen und diesen im Idealfall ergänzen. Beispiel: Ein Forscher zeigt mit verblüfftem Gesicht auf eine DNA-Struktur. Das ist visuell ansprechend, aber nicht übertrieben. Der Titel dazu könnte dann lauten “Neue DNA-Entdeckung: Was dieses Gen über unsere Evolution verrät”.
Gute YouTube-Titel und Thumbnails sind wichtig
Möchte man mit seinem Video auf YouTube erfolgreich sein, sollte man den Titel und das Vorschaubild gezielt optimieren. Damit meine ich nicht auf Clickbait zu setzen, sondern eine “natürliche” Spannung aufzubauen und das versprochenen dann auch im Video zu halten. Diese Bemühungen sind ein wesentlicher Teil von der SEO Optimierung deiner YouTube-Videos.
💡 Aufgabe für den Unterricht: Du kannst mit deinen Schülerinnen und Schülern gemeinsam oder in Gruppen passende Titel und Thumbnail(-Ideen) für vorgegeben Videos erstellen. Im Anschluss besprecht ihr, welcher Titel am meisten Aufmerksamkeit und Neugierde weckt, ohne dabei zu viel zu versprechen. Durch diese Übung lernen die Schülerinnen und Schüler, dass sie nicht auf reißerische Tricks angewiesen sind, um spannende Inhalte zu präsentieren. Das stärkt nicht nur ihre Medienkompetenz, sondern auch ihre Fähigkeit, selbst Inhalte zu gestalten.
Bewusster Umgang mit Clickbait ist wichtig für die Medienbildung
Clickbait ist allgegenwärtig, besonders auf Videoplattformen. Während einige reißerische Titel harmlos sind, können sie in Kombination mit irreführenden Inhalten zur Verbreitung von Desinformation beitragen. Für Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie sie manipuliert werden können. Sowohl durch den Videoersteller als auch die Algorithmen.
Du als Lehrkraft spielst eine wichtige Rolle und du kannst die Medienkompetenz aktiv fördern. Das bedeutet, gemeinsam zu analysieren, welche Techniken hinter Clickbait stecken und wie man seriöse Inhalte von fragwürdigen unterscheidet. Das kann in jedem Fach sinnvoll sein, indem du das z. B. mit einem Fachthema verbindest.
ℹ️ Indem wir Schülerinnen und Schüler helfen, kritischer mit Online-Inhalten umzugehen, stärken wir ihre Fähigkeit, informierte Entscheidungen zu treffen und verantwortungsbewusst mit digitalen Medien umzugehen. Wie ist deine Erfahrung zum Thema?
Fußnoten
- Unter der “Watch-Time” oder auch Wiedergabezeit versteht man die Zeit, wie lange Zuschauer ein Video ansehen. Schaut sich eine Person ein Video für zehn Minuten an, entspricht das zehn Minuten Wiedergabezeit. Bei zehn Personen wären es dann 100 Minuten. Die Wiedergabezeit signalisiert YouTube, wie gut der Inhalt bei den Zuschauern ankommt, weshalb dieser Wert schon lange einer der wichtigsten für ein gutes Ranking eines Videos darstellt. ↩︎
- FOMO steht für englisch “Fear of missing out”, also sinngemäß die Befürchtung, dass Informationen, Ereignisse, Erfahrungen oder Entscheidungen, die das eigene Leben verbessern könnten, verpasst werden (Quelle: Wikipedia) ↩︎
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