Rohdaten der Videoproduktion: Habe ich Anspruch darauf?
Wenn du ein Video für dein Unternehmen in Auftrag gibst, denkst du wahrscheinlich zuerst an das Endergebnis. Doch was ist mit den Rohdaten der Videoproduktion („footage“), also dem unbearbeiteten Filmmaterial? Das könnte insbesondere nach der Fertigstellung eine Rolle spielen. Doch wusstest du, dass die Rohdaten in der Regel kein Vertragsbestandteil sind und du diese nicht einfach dazu bekommst? Ich erkläre dir folgend die Gründe und auf was du achten solltest.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter den Rohdaten einer Videoproduktion?
Unter den Rohdaten (englisch „footage“) einer Filmproduktion versteht man alle unbearbeiteten Originalaufnahmen, die während des Drehs oder im Schnitt entstehen. Dazu gehören:
- Videomaterial: Unbearbeitete Kameraaufnahmen ohne Schnitt oder Farbkorrektur.
- Audioaufnahmen: Separat aufgenommene Tonspuren, z. B. Sprache und Umgebungsgeräusche.
- Grafiken und Animationen: Rohdateien von Grafiken oder 3D-Elementen
- Projektdateien: Projekt-Dateien aus Schnittprogrammen wie Premiere Pro oder DaVinci Resolve
Wichtig wäre hier noch zwischen selbst erstellten Rohdaten und lizensierten Daten (wie Musik, Geräuschen, Grafiken oder Off-Kommentaren) zu unterscheiden. Diese können nämlich oft nicht ohne weiteres an den Auftraggeber weitergegeben werden, da hierfür meist keine Erlaubnis der Urheber vorliegt. Ich beziehe mich im Folgenden daher ausschließlich auf selbst erstellte Aufnahmen des Produktionsunternehmens.
Warum solltest du dich mit den Rohdaten beschäftigen?
Viele Unternehmen stellen erst später fest, dass sie das Originalmaterial noch einmal benötigen. Gründe dafür kann es viele geben, sei es für eine Anpassung, ein Update oder eine neue Version des Videos. Doch dann kommt die Überraschung: Die Rohdaten gehören nämlich nicht automatisch dir. Ohne eine klare vertragliche Regelung kann es sein, dass du für den Zugriff auf das Material erneut zahlen musst oder es gar nicht erst bekommst.
ℹ️ Daher solltest du dir frühzeitig darüber Gedanken machen:
- Möchtest du selbst oder Dritte das Rohmaterial für zukünftige Schnittversionen nutzen?
- Soll dein Marketingteam aus einzelnen Szenen Social-Media-Clips erstellen?
- Braucht dein Unternehmen Zugriff, um Anpassungen ohne die ursprüngliche Produktionsfirma vorzunehmen?
Falls du hier mit „Ja“ antwortest, solltest du dich mit den Nutzungsrechten der Rohdaten auseinandersetzen.
Rechtliche Grundlagen: Habe ich Anspruch auf die Rohdaten?
Grundsätzlich gehört das Rohmaterial einer Filmproduktion der Produktionsfirma, da sie das Video erstellt und damit automatisch die Urheberrechte an den Aufnahmen besitzt. Das bedeutet: Auch wenn du einen Imagefilm in Auftrag gibst, erwirbst du in der Regel nur das Recht zur Nutzung des fertigen Films, jedoch nicht das Recht auf die Rohdaten.
ℹ️ Ob du die Rohdaten erhältst, hängt von der vertraglichen Vereinbarung ab. Ohne eine explizite Regelung bleibt das Material aber in der Regel beim Dienstleister. Falls du das Footage nutzen möchtest, solltest du dies vor Vertragsabschluss klar definieren. Meist wird die Herausgabe extra berechnet, da die meisten Produktionsfirmen Rohdaten nicht standardmäßig an Kunden weitergeben.
Vereinfacht lässt sich sagen: Wenn du eine Filmproduktion in Auftrag gibst und sinngemäß sagst „Ich möchte einen Imagefilm“, dann ist das der Vertragsgegenstand. Du bekommst am Ende einen fertigen Film, der meist in Form eines Werkvertrags produziert wird. Ein Werkvertrag verpflichtet das Produktionsunternehmen nur dazu, das fertige Endprodukt (den finalen Film) zu liefern und nicht das gesamte Rohmaterial.
Die Rohdaten bilden für die Produktion natürlich die Basis, sind dadurch aber nur Zwischenschritte zum fertigen Video. Das gilt sowohl für die unbearbeiteten Video- und Audiodaten als auch die Projektdatei der Schnittsoftware oder sogar das Drehbuch. Vergleichen lässt sich das mit vielen anderen Produkten, bei denen du auch nicht die Zwischenprodukte erhältst. Oder hast du bei einem Autokauf schonmal die Baupläne oder einzelne Teile für das Fahrzeug gleich kostenfrei dazu bekommen?
Warum bekomme ich keine Rohdaten vom Videodreh?
Ich möchte dir folgend ein paar Punkte aus Produzentensicht aufzeigen und dir erklären, warum die meisten Produktionsunternehmen die Rohdaten nicht ohne Absprache herausgeben.
Urheberrecht und kreative Kontrolle
Die Produktionsfirma hat das Urheberrecht an den Aufnahmen und möchte vermeiden, dass das Material ohne ihre Zustimmung verändert, weiterverwendet oder in einem anderen Kontext genutzt wird. Rohdaten enthalten oft unfertige, ungeschnittene Szenen, die nicht für die Veröffentlichung gedacht sind. Du kannst daher die Rohdaten ohne eine umfangreiche Nachbearbeitung ohnehin nicht nutzen.
Schutz des Unternehmens-Know-hows
In den Rohdaten stecken die Erfahrung, das kreative Können und die technische Umsetzung des Produktionsteams. Viele Unternehmen möchten verhindern, dass ihre Arbeitsweise oder ungeschnittene Inhalte verbreitet oder von anderen Produzenten weiterverwendet werden. Das betrifft vor allem die Arbeitsweise im Schnitt, weshalb ich selbst grundsätzlich keine Projektdaten herausgebe.
Unfertiges Material entspricht nicht dem Qualitätsanspruch
Rohdaten sind oft farblich unbearbeitet, enthalten ungeschnittene Takes oder Tonspuren mit Störgeräuschen. Diese unfertigen Inhalte sollen aus Produzentensicht nicht veröffentlicht oder falsch eingesetzt werden, da dies ihren Ruf schädigen könnte. In der folgenden Grafik siehst du z.B. das Footage vor und nach der Farbkorrektur. Dieser Arbeitsschritt ist ein kreativer Prozess, der auch die Stimmung des Films beeinflusst. Eine Anpassung durch Dritte würde hier zu einem anderen Ergebnis führen.
Standbild aus einem eigenen Projekt. Die Stimmung ist hier bewusst etwas kühler gewählt, um die Story zu stärken. Es könnte aber auch alleine durch die Farbstimmung eine fröhlichere Atmosphäre geschaffen werden.
Wirtschaftliche Gründe
Die Bearbeitung und Verwaltung von Rohdaten erfordert Zeit und Speicherplatz. Wenn Kunden das Material nachträglich anfordern, entsteht ein zusätzlicher Aufwand, der oft verbunden ist mit weiteren Kosten für die Bereitstellung, Archivierung oder Konvertierung der Dateien. Zumindest diese Kosten müssen bei der Bereitstellung berücksichtigt werden.
Schutz vor unerwünschter Weiterverarbeitung
Wenn Kunden Rohdaten erhalten, können sie eigene Versionen des Films erstellen oder andere Dienstleister mit der Weiterbearbeitung beauftragen. Dadurch erhält das ursprüngliche Produktionsunternehmen keine Kontrolle mehr über die Daten. Auch sind die meisten Videoproduzenten an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert. Es ist daher nur fair, wenn du dem ursprünglichen Unternehmen, sofern keine anderen Gründe dagegen sprechen, auch die Erstellung späterer Schnittvarianten anvertraust.
Nutzungsrechte und Einschränkungen definieren
Wenn du Rohdaten von einer Videoproduktion kaufen möchtest, solltest du die Nutzungsrechte und mögliche Einschränkungen klar im Vertrag festlegen.
- Welche Nutzungsrechte werden übertragen? Darfst du die Rohdaten nur für interne Zwecke nutzen oder auch für eine neue Schnittversion oder andere Projekte?
- Darf das Material verändert oder an Dritte weitergegeben werden? Manche Produktionsfirmen gestatten nur eine Verwendung im ursprünglichen Kontext.
- Gibt es zeitliche oder regionale Einschränkungen? In manchen Fällen sind die Nutzungsrechte auf eine bestimmte Dauer oder Region beschränkt.
- Darf das Produktionsunternehmen das Material selbst nutzen? Oft behalten sich Dienstleister vor, einzelne Szenen für ihr Portfolio oder Marketingzwecke zu verwenden.
Ohne eine klare vertragliche Regelung kann es passieren, dass du die Rohdaten zwar erhältst, sie aber dennoch rechtlich nicht nutzen darfst.
Rohdaten einer Filmproduktion kaufen: Was kostet das?
Die Kosten für Rohdaten sind nicht standardisiert und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Produktionsfirmen berechnen für die Herausgabe des Materials oft eine zusätzliche Gebühr, da Rohdaten über den ursprünglich beauftragten Leistungsumfang hinausgehen.
Beispiel: Imagefilm für 10.000 € Produktionskosten
Wenn das Unternehmen nachträglich die Rohdaten anfordert, werden die Kosten häufig in Form eines prozentualen Anteiles an den Herstellungskosten errechnet. Üblich sindhier 10–30 %, was beim Beispiel 1.000 – 3.000 € wären. Pauschal lässt sich das aber nicht anwenden, da auch die Art der Aufnahmen eine Rolle spielen. So sind z. B. Landschaftsaufnahmen deutlich weniger exklusiv als eine komplexe Aufnahme in der Produktionshalle.
Auch die Nutzungsrechte an sich spielen eine Rolle, als wo, wofür und wie lange die Daten genutzt werden dürfen. Eine zeitlich und örtlich unbegrenzte Nutzung ist in der Regel deutlich günstiger als z. B. eine begrenzte Nutzung auf Social-Media.
Meist kommen zudem noch Kosten für die Bereitstellung dazu. Also das Aussortieren von Daten, die Speicherung auf eine externe Festplatte oder, wenn gewünscht, eine Farbkorrektur oder Konvertierung in ein handliches Format.
Darf die Produktionsfirma das Rohmaterial selbst nutzen?
Ob das Produktionsunternehmen das Rohmaterial für eigene Zwecke verwenden darf, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab. In den meisten Fällen dürfen die Dienstleister ausgewählte Aufnahmen für eigene Werbezwecke, Showreels oder als Referenzmaterial nutzen. Dennoch kann auch aus anderen Gründen eine Nutzung nicht erfolgen, z. B. durch:
- Persönlichkeitsrechte durch die Aufnahme von z. B. Personen
- Aufnahmen aus sensiblen Unternehmensbereichen oder mit Geschäftsgeheimnissen
- Urheberrechte von Dritten, z. B. ein Logo oder Designelement
Wenn du nicht möchtest, dass dein Material außerhalb deines Projekts verwendet wird, solltest du dies vertraglich ausschließen. Aber an dieser Stelle möchte ich dir die Angst nehmen: Ich kenne kein Produktionsunternehmen, dass z. B. Aufnahmen aus deinem Imagefilm auch für andere Filme verwendet. Die Frage ist hier nämlich, ob das überhaupt sinnvoll ist. Abgesehen von Landschaftsaufnahmen (die jederzeit wieder angefertigt werden können) sind die Aufnahmen normalerweise zweckgebunden und auf den jeweiligen Film abgestimmt. Eine Nutzung erübrigt sich daher meist.
Brauchst du die Rohdaten der Videoproduktion wirklich?
Überlege dir, ob du die Rohdaten überhaupt benötigst. Meine Erfahrung ist, dass du als Auftraggeber die Daten in der Regel gar nicht für die eigenständige Anpassung oder Änderung haben möchtest, sondern vielmehr eine Archivierung anstrebst. Daher kläre eine längerfristige Speicherung am besten mit dem Produktionsunternehmen. Videodaten sind sehr groß und benötigen daher auch viel Speicherplatz. In der Regel werden die Daten auch ohne Aufpreis längerfristig gespeichert, um sie ggf. später wieder verwenden zu können.
ℹ️ Wenn du dennoch planst, die Daten intern selbst weiterzuverwenden, bespreche das mit dem Produktionsunternehmen und erkläre, für welche Zwecke du das Material benötigst. Normalerweise lässt sich bei einer vertrauensvollen Zusammenarbeit eine gute Lösung finden.
Wenn du mehr über die Planung und Konzeption sowie die Beauftragung einer Videoproduktion lernen möchtest, schaue dir unseren Kurs zum Thema: Ausschreibung von Videoproduktionen an.
FAQs zu Rohdaten einer Videoproduktion
Habe ich automatisch Anspruch auf die Rohdaten meiner Filmproduktion?
Nein, ohne eine vertragliche Vereinbarung erhältst du in der Regel nur das fertige Video. Das Rohmaterial bleibt Eigentum der Produktionsfirma.
Warum berechnen Produktionsunternehmen die Rohdaten?
Die Bereitstellung erfordert zum einen Speicherplatz und Zeit für die Aufbereitung, zum anderen verliert das Produktionsunternehmen die Kontrolle über das Material und gibt ihr Know-How frei.
Wie kann ich sicherstellen, dass ich die Rohdaten bekomme?
Du solltest dies vorab im Vertrag regeln. Wichtig sind klare Vereinbarungen zu Kosten, Nutzungsrechten und Aufbewahrungsdauer.
Wie lange werden Rohdaten von Produktionsfirmen gespeichert?
Das lässt sich nicht pauschal sagen. Normalerweise speichert das Unternehmen die Daten aber über mehrere Jahre, um später ggf. noch darauf zurückgreifen zu können.
Was ist der Unterschied zwischen Rohdaten und Projektdateien?
Rohdaten sind die unbearbeiteten Video- und Audiodateien. Projektdateien (z. B. Premiere Pro oder DaVinci Resolve) enthalten Schnitt und Effekte – diese werden meist nicht herausgegeben.
Tag:Recht