Wie du Interviews professionell aufnimmst
Interviews und Ansprachen sind aus der modernen Unternehmenskommunikation kaum mehr wegzudenken. Immer häufiger richtet sich der Geschäftsführer per Videobotschaft an die Belegschaft, oder ein Experteninterview wird während einer Tagung präsentiert. Doch worauf sollte man achten, um ein solches, scheinbar einfaches, Video professionell umzusetzen? Und wie viel Aufwand ist tatsächlich nötig?
Inhaltsverzeichnis
Interviews haben verschiedenen Anforderungen
Interviews oder Videobotschaften haben ein Ziel, das sie verfolgen und damit auch eine Zielgruppe. Definiere also zuerst die Anforderungen an das Video. Wen möchtest du erreichen und wo erreichst du diese Personen? Welche Absicht hast du mit dem Interview? Dient es nur der reinen Information oder soll es mit einer Call-To-Action zu einer Aktion animieren?
Ein erfolgreiches Interview setzt vor allem auf Glaubwürdigkeit, authentische Bilder und Verständlichkeit. Zu viel Inszenierung kann schnell unnatürlich wirken und die Botschaft verfälschen. Denk daran: Der Inhalt gibt den Ton an, nicht die Technik. Hochwertige Bilder sind zwar wichtig, aber sie ersetzen keinen klaren und relevanten Inhalt.
Welche Erfahrung hat der Interviewpartner?
Das spielt tatsächlich eine große Rolle bei der Aufnahme eines Interviews. Folgend zwei Beispiele:
Der Geschäftsführer ist es gewohnt, vor großen Gruppen frei zu sprechen, aber kann er das auch vor der Kamera? Und kann er Aussagen wiederholen, falls nötig? Oder ein Mitarbeiter soll in einem Recruiting-Video sprechen. Kann er einen vorgegebenen Text glaubwürdig vortragen, ohne dass es einstudiert wirkt?
Beides ist Alltag in Unternehmen. Das bedeutet aber nicht, dass keine guten Interviews entstehen können, nur die Rahmenbedingungen müssen entsprechend berücksichtigt werden. So kann zum Beispiel weniger Technik mehr sein. Was bringt ein perfekt ausgeleuchteter Protagonist, wenn dieser nicht authentisch und sichtbar abgelenkt wirkt?
Mit einem Teleprompter kannst du Unerfahrenen helfen, längere Texte flüssig vorzutragen. Er ermöglicht es, den Blickkontakt mit der Kamera zu halten, während der Text auf einem Spiegel vor der Kamera und damit direkt im Sichtfeld erscheint. Dies ist besonders nützlich für längere Skripte oder komplexe Inhalte, die wortgenau vorgetragen werden sollen. Wichtig ist, den Teleprompter unauffällig einzusetzen und das Vorlesen durch eine natürliche Betonung und Körpersprache zu kaschieren. Gerade unerfahrene Personen haben damit Schwierigkeiten und können den Text nicht authentisch vortragen. Übe daher den Einsatz am besten. Es gibt verschiedenen Modelle, aber für den Einstieg genügt in der Regel eine Version für das Tablet.
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Wo sollte ich ein Interview aufnehmen?
Die Umgebung spielt eine wichtige Rolle, um das Interview optisch ansprechend und professionell wirken zu lassen. Ideal sind Orte mit einem ruhigen, klaren und nicht überladenem Hintergrund. Achte bei der Aufnahme auf einen Drehort, der nicht ablenkt, aber gleichzeitig auch nicht zu eintönig wirkt. Eine graue Betonwand ist ebenso ungeeignet, wie im Großraumbüro mit zahlreichen Mitarbeitern im Hintergrund. Trotzdem solltest du die Arbeitsumgebung einbinden, wenn das zum Inhalt passt. So kann ein Interview mit einem Mitarbeiter in der Produktion stattfinden, den Geschäftsführer filmst du vermutlich besser im Büro. Überlege, wie der Ort den Inhalt unterstreichen kann.
Bonus-Tipp: Versuche nicht zwanghaft immer ein Logo des Unternehmens oder andere Marketing-Botschaften ins Bild zu integrieren. Das wirkt schnell aufgesetzt und nicht authentisch. Weniger ist hier oft mehr.
Je nach Anwendungszweck und der Zielgruppe des Interviews muss die Aufnahme daher auch nicht zwangsläufig eine statische Aufnahme im Büro sein, bei der die Person einfach in die Kamera spricht. Es sollte stets der Inhalt im Vordergrund stehen und daher kann es sinnvoll sein, auch mal “raus” zu gehen oder im Laufen mit einer anderen Person sprechen. Das passt insbesondere dann, wenn etwas gezeigt werden soll. Zwar ist das dann kein klassisches Interview mehr, aber die Kernidee ist die gleiche. Es kommt darauf an, an wen sich das Video richten soll und wer spricht.
Wenn du das Interview mit dem Smartphone aufzeichnen möchtest, kannst du das auch im Laufen, z.B. mit einem Gimbal realisieren. In diesem Artikel habe ich dir passendes Zubehör für das Handy zusammengetragen.
Achte auf einen guten Ton
Ein geeigneter Ort für die Aufnahme eines Interviews sollte ruhig und frei von Störgeräuschen sein. Achte also darauf, dass es keine starken Hintergrundgeräusche wie Verkehr, Klimaanlagen oder laute Gespräche gibt. Für eine professionelle Tonqualität ist ein Ort mit wenig Hall ideal – Räume mit Möbeln, Vorhängen oder anderen schalldämpfenden Elementen sind dafür bestens geeignet. Sollte das Interview draußen stattfinden, wähle einen ruhigen Platz mit wenig Wind und Hintergrundgeräuschen.
Nutze für eine gute Tonqualität unbedingt ein externes Mikrofon. Im Artikel zum Thema Mikrofone für die Videoaufnahme habe ich dir ein paar Beispiele, auch für das Smartphone, aufgeführt.
Wie viele Kameras sind sinnvoll für eine Interviewaufnahme?
Die Frage, mit wie vielen Kameras gedreht werden sollte, kommt immer wieder auf. Einfach zu beantworten ist sie so erstmal nicht, da natürlich einige Faktoren hierbei eine Rolle spielen. Für die Klärung, wie viel Technik eingesetzt werden sollte, muss du daher zuerst die Anforderung definieren. Dazu können die folgenden Fragen helfen:
- Wer spricht? Geschäftsführer, Azubi, Schauspieler?
- Spricht die Person die Zuschauer direkt an oder spricht sie mit einer dritten Person, die sichtbar im Bild ist?
- Soll sich die Kamera bewegen oder statisch montiert sein? Sollen Schnitte für Abwechslung sorgen?
- Wie viel Drehzeit ist vorhanden?
- Wo findet der Dreh statt? Ist ein Greenscreen eine Alternative?
Wie viele Personen sind zu sehen?
Interviews unterscheiden sich zu Ansprachen oft darin, dass mindestens eine Person anwesend ist, die konkrete Fragen stellt. Wichtig wäre nun zu klären, ob diese Person zu sehen sein soll. Trifft das zu, wird die Aufnahme etwas komplizierter und in der Regel sind dann mindestens zwei Kameras notwendig.
Bonus-Tipp: Nutze für eine Aufnahme mehrere statisch aufgestellte Kameras auf einem Stativ. Das ist in der Regel bei einem Interview auf festen Positionen kein Problem und erspart dir die manuelle Bedienung der Kamera. Du kannst zudem auch mit einer höheren Auflösung aufzeichnen, um im Schnitt digital zu zoomen.
Aufnahme mit einer Kamera statisch von vorne.
Dies ist eine klassische Aufnahme, bei der die Person direkt den Zuschauer anspricht bzw. der Fragesteller mit dem Interviewten gemeinsam auf einem Bild zu sehen sind. In der Regel ist das Video sehr kurz und Schnitte gibt es keine. Hier punktet das Video vor allem durch einen spannenden Inhalt. Durch die geringe Abwechslung im Schnitt werden solche Videos aber schnell langweilig.
Im Zeitalter der hochauflösenden Kameras besteht aber auch die Möglichkeit, mit nur einer Kamera verschiedene Brennweiten zu realisieren bzw. zu simulieren. Bei einer Aufzeichnung in 4K und Ausgabe des Videos in beispielsweise Full-HD, kann ohne starken Qualitätsverlust im Schnitt digital „gezoomt“ werden. Das genügt in vielen Fällen schon für einen abwechslungsreichen Film.
Möglich ist auch, das Interview zu wiederholen und die Kamera im zweiten Durchgang anders zu positionieren. Das macht aber nur Sinn, wenn genug Zeit vorhanden ist und der Inhalt möglichst genau wiederholt werden kann. Der Schnitt ist hier aufwändiger. In den allermeisten Fällen ist es die bessere Lösung, eine zweite Kamera aufzubauen.
Aufnahme mit einer bedienten Kamera.
Hier spricht man von situativem Drehen. Das bedeutet, dass der Kameramann während der Aufnahme die Kamera schwenkt, zoomt oder diese bewegt. Das erfordert viel Gefühl, da die Bilder ja stets zum Inhalt passen müssen und nicht zu sehr vom Inhalt durch Bewegungen ablenken dürfen. Bei mehreren Personen eine schwierige Aufgabe.
Oft kombiniert man eine solche Aufnahme mit B-Roll Material: Das sind Aufnahmen, die im Schnitt flexibel verwendet werden können, beispielsweise der Hände, der Dekoration im Raum oder auch inhaltlich passende Bilder, die extra angefertigt wurden. Grafiken und Bilder sind auch eine gute Möglichkeit. Somit wird das Interview spannend und abwechslungsreich. Zudem sind auch Schnitte im Audio möglich, was in den meisten Fällen nur funktioniert, wenn man die Person nicht sieht und nur die Sprache hört.
Aufnahme mit mehreren Kameras.
Das ist in den meisten Fällen sicherlich die beste Lösung, insbesondere wenn mehrere Personen zu sehen sind. Die Möglichkeiten im Schnitt sind hier am größten und es kann punktgenau geschnitten werden, was beim situativen Drehen nicht immer der Fall sein wird. Auch sparst du dadurch in der Regel Zeit durch Wiederholungen. Bei Talkrunden oder mehreren Personen bist du mit 2-3 Kameras am flexibelsten.
Fazit: Du solltest dein Interview gut planen
Die Möglichkeiten bei der Aufzeichnung eines Interviews sind vielfältig. Plane also sorgfältig und entscheide dich mit Blick auf die Zielgruppe für einen geeigneten Drehort und inhaltliche Schwerpunkte. Überlege auch, wie viel Technik sinnvoll ist. Wenn z.B. ein Interview mit dem viel beschäftigten CEO ansteht, kannst du viel Zeit mit mehreren Kameras oder einem Teleprompter sparen. Falls du im Vorfeld genug Zeit hast, bietet es sich an, das Vorhaben in Ruhe mit allen Beteiligten zu besprechen, Schwerpunkte zu setzen oder sogar ein paar Übungen mit der Kamera anzusetzen.
Online-Kurs für die Interviewaufnahme
Wir planen derzeit einen Kurs, in dem du lernst, auch mit einfachen Mitteln ein hochwertiges Interview aufzuzeichnen. Wir informieren dich gerne, sobald der Kurs verfügbar ist. Melde dich dazu gerne in unserem kostenlosen Newsletter an.
Fußnoten
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Marcel Milbich Filmproduktion und wurde für Movie Mentor überarbeitet.
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